Vom Geistesblitz zur Entwicklung unseres TrainSetter-Produkts

der Konstrukteur bei der Arbeit

In diesem Beitrag beschreibe ich euch die Entwicklung unserer TrainSetter-Produkte. Von der Idee bis zum endgültigen, marktreifen Produkt ist es ein langer Weg. Für manchen scheint die Produktentwicklung aus Zeichnen und Bemustern zu bestehen. Das sind wichtige Teilschritte, welche Denk- und Handarbeit im Voraus, aber auch im Nachhinein benötigen. Es ist aber noch so viel mehr!

Für was ich nicht nur eine Kamera, oder ein Lineal benötige und warum Zeitschriften lesen nicht nur Freizeit für mich ist, erkläre ich euch im folgenden Artikel.

Das ist eine Herausforderung – wie interessant!

Ein Vorbild für mich bei der Entwicklung von TrainSetter-Produkten ist Walt Disney. Er plante seine Produktionen in drei Schritten. Erst setzte er sich in sein selbst benanntes Ideenzimmer. Dort ließ er seinen Gedanken freien Lauf. Kein Gedankengang war verboten oder wurde wegen der Nichtrealisierbarkeit nicht zugelassen. Sozusagen träumte er sich seine Welt zu Recht. Hiernach begab er sich in einen anderen Raum und prüfte, ob die Projekte technisch durchführbar seien. Er kümmerte sich nur, um die Möglichkeit sie zu verwirklichen. Die Kosten spielten zu diesem Zeitpunkt keine Rolle. Jede Eingebung, die der Überprüfung der beiden Räumlichkeiten Stand hielt, durfte weiter geplant werden. Am Schluss beschäftigte sich Herr Disney mit der finanziellen Möglichkeit diese zu realisieren. Danach folgte die eigentliche Umsetzung und Realisierung.

Für manche mag diese Vorgehensweise der TrainSetter-Entwicklung äußerst zeit- und arbeitsaufwändig sein. Es scheint, als wäre es einfacher den kompletten Vorgang für jede Projektidee hintereinander zu vollziehen. Ich finde die Arbeitsweise hingegen sehr sinnvoll. Fantasie entfaltet sich erst, wenn man sie zulässt und keine Grenzen setzt. Wenn ich von vornherein alles aus guten oder vermeintlich guten Gründen in Betracht ziehe, findet der Kopf immer mehr Gründe am Schluss alles abzuwimmeln.

Lesen, Probieren, Reden

Nach diesem Vorbild lasse auch ich Raum für das Kindliche, Unausgegorene und Fantasievolle. Manches Bild kommt beim Durchblättern der Modellbau-Zeitschriften, andere durch jahrelanges Fluchen an der eigenen nie fertiggestellten und immer wieder neu geplanten Modellbahn-Anlage. Viele Ideen entstehen durch meine eigenen Schwierigkeiten im Modellbau. So führte mich mein Platzmangel in den wechselnden Wohnungen zum Modulbau. Doch jedes Mal, wenn ich nach Jahren ein neues hinzufügen wollte, bekam ich ein Problem. Ich wollte die älteren Module mit den neueren zusammenstecken, doch fand keine ausreichende Möglichkeit der Verbindung. Aus diesem Grund entwickelte sich mein Interesse für genormte Module, welches sich dann durch die Freunde der IG Nippon immer mehr festigte. Um den wenigen Platz in meiner Wohnung effizient nutzen zu können, entstanden die Minimodule in Leichtbauweise mit plug&play-System. Hier kam die Idee aus dem Land der aufgehenden Sonne. Dort beschäftigt man sich schon seit Jahrzehnten mit chronischem Platzmangel.

Entwicklung von Ideen mit potenziellen Kunden

Andere weitreichende Ideenquellen sind meine Freunde und lieben Stammtisch-Kumpanen. Gemütlich bei Schnitzel und fahrenden Neuheiten um mich herum, schöpfe ich Impulse für meine Arbeitstage am „Zeichentisch“. Der Gedanke zur Erweiterung der Minimodule in Spur 1:120 (TT) erfolgte an einem solchen gemütlichen Abend. Viele Ideen kommen, wenn man nicht damit rechnet und sie nicht provoziert, wie Walt Disney. Das Debüt unserer Module führten wir im Oktober 2022 auch bei dieser vertrauten Gemeinschaft durch und freuten uns mit ihnen.

Vom Traum zur Realität

Der größte Schritt ist erfolgt, folgend muss, wie in der Geschichte, die Umsetzung folgen und es gilt einen Blick für die Bauweise, Beschaffenheit und für den gewünschten Maßstab zu bekommen. Hierfür betrachte und vermesse ich das Original oder greife auf Unterlagen aus Fachmagazinen und Büchern zurück (wie eine Oberleitung) und recherchiere passende technische Zeichnungen. Auch ist das Vermessen von Fremdprodukten, wie das KATO Unitrack-Gleis für die Minimodule, neben dem Konstruieren sehr hilfreich.

Auch Fotografien der verschiedenen Typen eines Bauprojektes können einen großen Einfluss auf die Konstruktion haben. So haben Oberleitungen nicht nur in verschiedenen Ländern unterschiedliche Bauarten und Designs, sondern auch der Anwendungsort (wie Bahnhof oder Nebenstrecken) können Einfluss darauf haben. Der prinzipielle Aufbau bleibt im Grunde aber derselbe.

Mit dem Meßschieber wird das Maß kontrolliert

Nachdem ich mir meine Vorlagen genau betrachtet habe, kommt es zur Problemanalyse. Sind die Zeichnungen mit meinem angedachten Material realisierbar? Welche Eigenschaften soll dieses und mein Produkt haben? Ein Beispiel hierfür sind die Charakteristika von Edelstahl für die Oberleitung. Zunächst waren die Attrappen mit Neusilber konzipiert. Doch dieses zeigte sich durch die filigrane Ausführung nicht forminstabil und neigte bei der gewünschten Drahtstärke zu Verformungen bei kleinsten Berührungen. Aus diesem Grund entwickelte ich die Vorlage für Edelstahl um. Die erste Ausführung war noch ohne Ösen und Haken ausgeführt. Zudem war auch die Drahthöhe zu „wuchtig“. Nach und nach wurden wurde getestet und verworfen, indem ich Ösen und Haken hinzufügte, fand ich einen sehr guten Kompromiss. Nun sind die Oberleitungen nicht nur gehärtet gegen Berührungen, sondern sind auch ohne Lötvorgang simpel an die Anlage anzubringen.

Vermessen, um Zusatzprodukte von TrainSetter zu konsturieren

Eine weitere Vorgehensweise ist der Kauf von passenden Produkten zum zu entwerfenden Produkt. Eine Oberleitungsattrappe funktioniert nur, wenn sie an viele verschiedene Masten gut angepasst ist. Deshalb gehen für die Entwicklung auch erst mal unerwartete Kosten, wie Ausgestaltungsmaterial oder Konkurrenzwaren ein. Diese werden begutachtet, ausprobiert und bis auf die Grundstruktur analysiert. Interessante Ware finde ich oft beim japanischen Modellbau-Markt. Dieser lebt vom Minimalismus und des Ideenreichtums bei geringen finanziellen Mitteln und Platzaufgebot.

Mit Stift, Lineal und Computer

Nach all den Überlegungen komme ich zu meiner eigentlichen Hauptarbeit, dem Zeichnen und Konstruieren am PC. Beruflich fühle ich mich mit dem 3D-CAD-System HiCAD wohl. Dieses Programm wird im Stahlbau gerne eingesetzt und mir aus meiner beruflichen Ausbildung gut bekannt. Dank der 14 Jahre Berufserfahrung kenne ich das Programm sehr gut. So ist es mir möglich, die Konstruktionszeiten effizient zu gestalten und ein “um die Ecke denken” auf den Bereich des Modellbaus zu praktizieren.

Ein Bleistift, ein Lineal und ein Blatt Papier bleiben aber weiterhin der ständige Begleiter beim Konstruieren. Denn auf Papier ist eine Idee schneller auf skizziert als im 3D-CAD-System gezeichnet. Das 3D-Modell wächst mit den Anforderungen, welche auf einem Stück Papier notiert sind. Im Grunde ist das 3D-Modell nur eine Kontrolle und die Finalisierung der Idee für die kommende Produktion. So kann man sich auch weitere Schritte für die Fortsetzung der Serie ausdenken. Wie das bei unseren Produktserie der Fall ist.

Ein besonderer Vorteil ist die Fehleranalyse beim Zeichenprogramm. So können bei der Kollisionsprüfung, also eine Überprüfung der geometrischen Überschneidung der einzelnen Bauelemente, Fehler bei der Konstruktion erkannt werden. So kam es, z.B. bei den Oberleitungen, zu mehreren Problemen mit Layer, da HiCAD als 3D-CAD-System nicht wie 2D-CAD-Systeme wie AutoCAD oder MicroStation von Bentley funktioniert. Nach mehreren Rückschlägen in der 2D-Konstruktion, wurde die Oberleitung im Nachgang als 3D-Modell konstruiert. Der Körper, auch Translationsteil bei HiCAD genannt, bekam seine endgültige Höhe, wurde als DWG- bzw. DXF-Format konvertiert und lag endgültig bereit für die Bemusterung. Dies ist der Höhepunkt in der Produktentwicklung eines Modells. Stolz kann ich folgend das Ergebnis in aller Ruhe als 3D-Modell ansehen.

ein zufriedender Konstrukteur bei TrainSetter GbR

Jetzt wird bei TrainSetter gespielt

Die technische Produktzeichnung steht. Das Produktmaterial ist anhand verschiedener Produktwünsche gewählt. Nun kommt der spannende Teil bei der Entwicklung bei TrainSetter! Wir kaufen unsere Muster.

Nachdem die Anfragen zur Bemusterung bei verschiedensten Firmen eingegangen und bearbeitet sind, halten wir mehrere Varianten der Muster in den Händen. Jetzt ist spielen erlaubt! Sieht es so aus, wie es gedacht wurde? Wie funktioniert der Einbau oder Aufbau? Habe ich Probleme beim Gebrauch oder zeigen sich Probleme, die nicht bedacht waren?

Es kann große Freude bringen, aber auch frustrierend sein. Wie die richtige Drahtstärke zu finden, bei der die Oberleitung gerade noch die geforderte Stabilität aufweist, aber so filigran wie möglich ist. Jedes Mal bin ich gespannt bis kurz vor der Schmerzgrenze und denke mit Vorfreude, aber auch mit einer gewissen Skepsis an diesen Arbeitsschritt. Bei Rückschlägen stecken schon sehr viele Arbeitsschritte, Arbeitskraft und Geld in den Mustern.

Erleichterung stellt sich bei Ausbleiben von Beanstandungen ein und es kann zum letzten Schritt zur Einführung übergegangen werden. Oder der vorherige Vorgang wird wiederholt, weil man im Nachhinein feststellen musste, dass es hier und da nochmal angepasst werden kann. Das ist meistens der Fall, aber das ist in der Entwicklung als auch in der Forschung nun mal Realität.

Hebt die Gläser! Die Entwicklung übergibt in die Vertriebsabteilung

Stolz kann ich die Füße kurz ein wenig hochlegen und jemand anderen weiter machen lassen. Nachdem die Bemusterung erfolgreich war, wird die Verpackung geplant und der Preis anhand der Kosten berechnet. Hiermit ist die eigentliche Entwicklung der TrainSetter-Produkte getan. Klarerweise werden die ungefähren Kosten und die Marktfähigkeit bei diesen Umständen kalkuliert. Nun aber wird der Preis festgelegt, Händler informiert und das Produkt eingeführt. Ein langer, freudiger und herausfordernder Arbeitsprozess nimmt sein Ende. Am Schluss hoffe ich als Entwickler, dass meine Produkte dem Modellbahner Erleichterung beim Aufbau und viel Freude und Lob bei seinen Anlagen einbringt. Den Hintergrund des Stahlbaus, der unweigerlich in allen meinen Produkten einfließt, lässt mich andere Wege gehen.

Ich hoffe, ich konnte euch einen Einblick in meine Arbeit und Denkweise geben. Schreibt mir gerne, welche Produkte euch interessieren würden oder welche Herausforderungen ihr als Modellbahner bzw. Konstrukteure habt. Mit Fantasie und möglicherweise mit einer Leichtbauweise eines gängigen Produkts lassen sich neue Entwicklungen forcieren und verwirklichen!

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