Platzbedarf als Modellbahner – Eine große Chance

Der Platzbedarf des Modellbahners ist stets ein limitierender Faktor seiner Freizeitaktivitäten. Nicht nur passionierte Botaniker überlegen sich bei der aktuellen Wohnungslage in vielen Städten neue Ideen, um ihre Leidenschaft auszuleben. Auch Modellbahner sehen sich in ihrem Handlungspielraum durch den Platzbedarf beschränkt. Viele Modellbahner können sich, aufgrund von Wohnungsknappheit und daraus bedingten hohen Mieten, kein Hobby-Zimmer leisten. Wo soll man den Durchgangsbahnhof mit Kleinstadt, wenn auch nur als Miniaturausgabe, in die 70 qm-Wohnung integrieren? So zeigt sich Platzmangel als eines der größten Probleme als Modellbahner.

Doch ist der Aufbau einer festen Anlage tatsächlich notwendig, oder bieten sich noch andere, möglicherweise viel interessantere und vielschichtigere Möglichkeiten seiner Leidenschaft nachzugehen?

Modellbahner auf Dachboden oder im Keller

In den meisten Fällen ist die Wahl des Kellers oder Dachbodens am einleuchtendsten. Fast als wäre es Kultur unter Modellbahnern, wird die Anlage im schummrigen Licht des Kellers aufgebaut. Oder die Miniaturwelt steht schon länger und wird generationsübergreifend weiter in Betrieb genommen. Viel spricht für den Aufbau in beiden Standorten. Da meist dort wenig Möbeliar den Weg versperrt, ist Raum für lange ausgedehnte Strecken mit genügend Ausgestaltungsfläche. Hier ist dem ungestörten Basteln, Fantasieren und Fahren fast keine Grenzen gesetzt.

Doch wie bei allen Dingen des Lebens gibt es eine kleine Schraube, die den Betrieb zu einem Totalausfall führen kann. Diese Stellschraube nennt sich Luftfeuchtigkeit. Diese entsteht, da Keller als auch Dachböden selten gut isoliert sind. Aufgrund eben dieses Raumklimas besteht die Gefahr, dass Holzkästen sich verziehen und Rollendes Material rosten.

Nun besteht allerdings kein Grund seinen noch nicht gestarteten Zugbetrieb fristlos einzustellen. Dank modernster Technik kann sowohl Beurteilung des Herausforderungausmaßes, als auch eine Maßnahme erfolgen. Hierfür benötigt man ein Hygrometer und einen Luftentfeuchter. Sobald das Problem bekannt ist und der Luftentfeuchter bei Bedarf startet, steht der Wunschanlage im Unter- als auch im Obergeschoss nichts mehr im Wege.

Weniger Platzbedarf durch Module

Ein großer Hobby-Raum nur für sich allein, ist und bleibt selbstverständlich der Traum eines jeden Modellbauers. Wenn dies nicht möglich ist, findet man auch andere interessante Bauweisen. Eine gute Abhilfe stellt die Modulbauweise dar. Hierbei werden große Anlagen in transportable Abschnitte zerlegt, die bei Bedarf reversibel zusammengefügt werden. Der deutsche Freundeskreis Europäischer Modellbahner e.V. (kurz FREMO) beispielsweise entwickelte seit den 1980er die bekannteste Normung dieser Systeme. Durch die Normierung von Gleisübergängen als auch festgelegten Verkabelung der einzelnen Rahmen ist es möglich, dass viele Einzelmodule in der Gruppe ganze Landschaften abbilden können. Der Verein deckt sowohl HO-Spurweiten als auch N- und 0-Spuren (ein- und zweigleisig) ab. In 15 Ländern in Europa findet der Verein großen Anklang und Freunde.

Verständlicherweise kommt aus dem Land, welches auf das Problem des Platzbedarfs in allen Bereich spezialisiert ist, ein weiterer Modulbau-Standard. Das japanische T-Trak bzw. TTrak war ursprünglich auf Straßenbahnen-Anlagen im Maßstab 1:160 auf dem Schienensystem eines japanischen Herstellers (Kato) ausgelegt. Auch hier sind Länge (min. 308 mm) und Breite (standardmäßig 210 mm) der Holzkästen genormt. Seitdem sind auch weitere Spuren wie HO eingeführt. Beide Systeme erleichtern das Zusammenfügen mehrerer kleinerer Anlagen zu einem großen Gesamtbild.

Modul mit fahrendem Zug an einer Wiesenstrecke vor einer realen Wiese und einem fahrenden Personenzug
Original und Miniatur im Vergleich [Ralf Zimmermann]

Die Segmentierung der Anlage in kleine, handliche Fragmente führt zu einem beliebten Einsatz im Verein oder auf Stammtischen. Ihre Lagerung in Regalen oder Nischen fügen sich perfekt in kleinere Wohnungen und theoretisch in allen Zimmern ein. Ohne ständiges Bücken unter die Anlage, Auf- und Abbau der Stützbeine macht das Basteln keine Rückenprobleme und ist am Arbeitstisch sehr viel komfortabler.

Nachdem man alle Module gefertigt hat, kann eine größere reversible Anlage aufgestellt werden. Je nach Wunsch können immer wieder neue Anordnungen aufgestellt, oder auf dem Vereins-Stammtisch zusammengesteckt. So kann man ohne großen Stauraum theoretisch mehr als eine Anlage, verschiedene Themen und Techniken auf kleinem Raum in Angriff nehmen.

Wandanlagen für weniger Platzbedarf

Manch ein Modellbauer möchte sich nicht durch sein fehlendes Bastelzimmer, als auch durch die notwendige Normung bei Modulbaukästen stören lassen. Wie wäre es also mit einer versteckten Anlage, die als Überraschung oder als Pointe bei Fachsimpelein gesetzt werden kann?

Eine Idee einer „geheimen“ Anlage ist reizvoll. Da schlägt so manches Tüftler- und Entdecker-Herz höher. Eine Möglichkeit ist, die Anlage von der Decke zu hängen. Klarerweise muss man hier nicht nur das Gewicht, sondern auch die Tiefe der Anlage und andere Dinge bedenken. Die Anlage wird auf eine Spannplatte verbaut und mit klappbare Schreibtischbeine montiert. Stahlseile werden mit Hilfe von Umlenkrollen, an der Decke mit Dübeln befestigt, an allen Ecken der Platte Stahlseile verbunden. Für die Bewegung der Vorrichtung sowohl nach oben als auch nach unten, werden die Seile mit einem Gegengewicht versehen. Dieses befindet sich in einem Schacht oder wenig sichtbar an der Wand.

Ein nicht zu verachtender Punkt ist nicht nur der nicht unerhebliche Kostenfaktor. Vor der Entscheidung dieser platzsparenden Innovation, sollte der Tüftler die Bauart der Decke prüfen. Die Decke, bestenfalls aus Beton, sollte das Gewicht von Anlage und Seilkonstruktion tragen. Ein Loch im Zimmer zum Nachbarn oder eine abgesenkte Decke ist nicht zielführend und wenig friedenstiftend.

Weniger zeit- und kostenintensiv ist eine Klappanlage im Schrank.  Ein Federschanier, wie auch bei Schrankbetten üblich, verbindet einen Schrankkörper mit einer Plattenanlage mit Füßen. Wenn ihn die Lust packt, zieht der Modellbahner seine Anlage hervor, präsentiert sie stolz seinen Besuchern, um sie dann wieder zurückzuklappen. Nachdem beim Aufbau der Anlage alle Ausstattungen gut verklebt sind, ist ein Verrutschen oder abhandenkommen weniger wahrscheinlich. Wie auch bei der oberen Vorrichtung ist es allerdings wichtig, dass die Tiefe der Anlage zu bedenken, sodass keine Gebäude oder Oberleitungen beim Zuklappen beschädigt werden.

Zeichnung einer Holz-Wandanlage mit abklappbarer Modellbau-Szene
Zeichnung der Schrankvorrichtung [Ulli Liedtke]

Der unsichtbare Modellbahner

Im Kontrast zu allen vorher genannten Modellbahn-Wohnungen, gibt es unsichtbare Modellbauanlagen. Abseits der Aufmerksamkeit lagern Kisten mit Gleisen und Schachteln von Zügen in einer Schublade im Schrank. Sie warten auf ihren Einsatz bei ihrem Rangierer.

Für Modellbahner, die keine Zeit oder eben auch Platzbedarf für Anlagen und Module besitzen, bietet sich das Timesaver oder Inglenook an. Bei dieser Spielart geht es weniger um die Ausgestaltung von Landschaften und Baukästen. Ohne viel Material, dafür mit umso mehr Köpfchen, bauen diese Modellbahner einen fiktiven Endbahnhof mit Weichen und Abstellgleisen. Dort wird mit mehreren Güterzügen, die nach fiktivem Plan in eine bestimmte Reihenfolge gebracht werden müssen, rangiert. Der Unterschied zwischen beiden Spielen besteht im Aufbau der Abstellgleise.

Gleisplan mit mehreren Industriegebäuden wie (Tankwagen-Entladung oder Lagerhäusern) für den Inglenook
Gleisplan für Inglenook [Ulli Liedtke]

Auch Teppich-Bahner fallen in diese Kategorie. Je nach Lust und Zeit bauen diese ihre Gleise auf Couch- oder Esstisch auf. Auch das Wohnzimmer oder die gesamte Wohnung kann kurzfristig zur großen Fahrstrecke mutieren. Hier steht klarerweise weniger die Gestaltung als vielmehr der Fahrspaß im Vordergrund.

Platzbedarf als Herausforderung des Modellbahners – Fazit

Der große Platzbedarf ist für jeden Modellbahner eine Herausforderung. Aufgrund der hohen Mieten und oder den unterschiedlichen Interessen in verschiedene Landschaften und Strecken, sind vielseitige Lösungen gefragt. Doch egal ob man eine große Anlage vom Großvater besitzt oder mit Modulen Freude am schnellen Fortschritt hat, für jede Lebens- und Wohnlage findet sich eine Möglichkeit für den Modellbahner. Für den Tüftler bietet sich eine Klappvorrichtung oder ganz exklusive hängende Vorrichtungen an. Diese können den gesamten Raum nutzen, da man sie bei Bedarf praktisch in Schränken oder Decke verstaut kann. Für Personen mit weniger großem Geldbeutel, bietet sich der praktische Modulbau an. Die kleinen Module passen perfekt in den Schrank oder schmuckvoll in eine Vitrine. Der schnelle Fortschritt von kleinen Bauwerken vergrößert den Spaß. Auch die Variabilität, in der man die Module zusammenstecken kann, vervielfacht die potenziell möglichen größeren Anlagen. So wächst auch der Spaß am Hobby bei schnell voranschreitendem Fortschritt.

Eine weitere Idee sind Rangierspiele. Nahezu ohne Einschränkungen baut der Lokführer seine Gleise auf und beginnt den Betrieb der Güterzüge. Oder er fährt mit seinen Zügen durch die komplette Wohnung.

Als Modellbauer findet jeder Charakter und Typ seinen bevorzugten Modellbau. Mit Erfindergeist, Köpfchen und neuen Blickwinkeln sind Platzbedarf und Raumklima keine Hindernisse mehr. Was für Modellbahner seid ihr? Habt ihr Gefallen an Rangierspielen oder waren sie euch bis jetzt noch nicht bekannt? Ich bin gespannt auf eure Erfahrungen und Geschichten, wie ihr als Modellbahner mit Platzbedarf umgegangen seid!

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3 Gedanken zu „Platzbedarf als Modellbahner – Eine große Chance“

  1. Liebe Trainsetter,

    vielen Dank für euren spannenden Blogeintrag, der ein Problem aufgreift, dass leider seit Jahr und Tag Modellbahnbegeisterte umtreibt, wie es den Anschein hat. Da ich eine (N-)Ostalgieanlage aus DDR-Originalmaterial baue, hab ich mich intensiv mit der zeitgenössischen Literatur befasst. So tauchten beispielsweise in der Zeitschrift “Der Modelleisenbahner” häufig Berichte auf, wie viele Menschen nach dem Umzug in eine Neubauwohnung ihre bisherige H0-Anlage gegen eine kleinere Spur, vornehmlich TT, aber auch N, eintauschten und sie es nicht bereut hätten. Als 1989 der VEB PIKO Sonneberg ankündigte, die Produktion der Spurweite N einzustellen, war die Empörung der DDR-Modellbahner entsprechend groß.

    Eure Tipps zu Standort, zum Verstauen etc. sind sehr hilfreich für Neulinge. Diesen sei auch ein Zitat des DDR-“Modellbahnpapstes” Klaus Gerlach (lange Zeit Leitender Redakteur der Zeitschrift “Der Modelleisenbahner”) ans Herz gelegt: “In der Beschränkung zeigt sich der Meister” (Ders.:Modellbahnanlagen. Berlin 1964, S. 9).

    Macht weiter so und Fahrt Frei!, wünscht
    Valentin (“Valentins (N)Ostalgiemodellbahn”)

    1. Lieber Valentin,
      auch ein herzliches Danke von mir für deinen Kommentar. Es hat mich sehr gefreut.
      Der Modellbau ist nunmal eine Leidenschaft, bei der ein gewisser Platz notwendig ist und durch Wohnungen beschränkt ist. Da sind natürlich kleinere Spurweiten
      praktisch und den Aufschrei 1989 kann ich vollkommen verstehen, auch als Person aus dem “Westen”. Ich gebe Klaus Gerlach vollkommen Recht und finde, dass manche Beschränkung
      zu einem Fortschritt führt, da er uns zum Nachdenken zwingt.
      Aus welchem Grund wähltest du die Spur N und nicht TT, welche in der DDR doch recht bekannt war / ist?

      Danke und auch Freie Fahrt ins Wochenende!

      Viele Grüße,
      Natascha

      1. Hallo Natascha,

        vielen Dank für deine Antwort. Ich bin immer wieder froh, dass ich aktuell an einer Anlage von 1,50 x 0,70m baue, von der ich weiß, dass ich diese in einer absehbaren Zeitspanne fertigstellen kann (bzw. so weit gestalten kann, dass es nicht nach einer wüsten Baustelle aussieht – richtig fertig wird eine Anlage ja nie). Ich arbeite sehr detailliert, sodass auch wenige Quadratzentimeter viel Zeit beanspruchen können.

        Jetzt das Outing: Ich bin auch ein Westler, der aber seine Liebe zur (D)DR-Modellbahn gefunden hat, eifrig sammelt und gerne die Literatur von damals durchliest. Neben der Spurweite H0 (die kann ich aber nur über die Feiertage aufbauen), habe ich mich dazu entschieden, eine verstaubare Anlage in Spur N zu basteln (nicht zuletzt, weil ich diese Spurweite schon seit Jugendtagen kenne und eine Anlage im Jugendzimmer habe, hauptsächlich aus Westmaterial (Arnold etc.) gebaut. TT ist auch eine tolle Spurweite, die – wie du ja weißt und schreibst – zu DDR-Tagen und bis heute im Osten sehr beliebt ist. Aber zu viel gleichzeitig anfangen, bringt ja auch nichts.

        Fahrt Frei! in ein erfolgreiches Wochenende,
        Valentin (Valentins (N)Ostalgiemodellbahn)

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